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Die elektronische Rechnungsstellung: „Die Umsatzsteuer im digitalen Zeitalter“.

    Das Finanzgesetz 2020 hatte es in seinem Artikel 153 angekündigt: Der Staat möchte eine allgemeine Pflicht zur elektronische Rechnungsstellung zwischen Steuerpflichtigen einführen. Die elektronische Rechnungsstellung ist auf dem Vormarsch bis zum 1. Januar 2023 sollten Sie dafür bereit sein. So hieß es zumindest bisher. Das Amtsblatt vom 16. September 2021 kündigt uns eine Galgenfrist bis 1. Juli 2024 für die Verpflichtung an, eingehende Rechnungen im elektronischen Format zu akzeptieren, und bis zum 1. Juli 2024 für die Verpflichtung, elektronische Rechnungen auszustellen. Das Inkrafttreten dieser neuen Bestimmung wird noch vom EU-Rat geprüft, aber wir zweifeln nicht daran, dass es sich nur um eine Formalität handelt, bevor sie eingeführt wird. 

    Ist die elektronische Rechnungsstellung also nur ein Instrument zur verstärkten Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug oder ein echter Fortschritt im Zeitalter der Digitalisierung? 

    Um diese Frage zu beantworten, sollte man nicht nur die steuerliche Waffe im Auge haben, sondern auch die tatsächlichen organisatorischen Vorteile, die diese Reform bringen kann.

    Zu diesen Vorteilen zählen: 

    • Verkürzung der Zahlungsfristen
    • Verringerung des Verwaltungsaufwands bei der Bearbeitung der Rechnungen und somit Steigerung der Produktivität: Der Staat rechnet mit einer Einsparung von 4,5 Milliarden Euro. 
    • Vereinfachung der Meldeformalitäten 
    • Die Vereinfachung der umsatzsteuerlichen Meldepflichten dank der Vorausfüllung. 
    • Verbesserung der Aufdeckung und Bekämpfung von Betrug zugunsten ehrlicher Wirtschaftsbeteiligter 
    • Echtzeit-Kenntnisse über die Wirtschaftstätigkeit der Unternehmen, um eine möglichst realitätsnahe Steuerung der Politik zu ermöglichen 

    Diese Reform würde also ein umfassendes Bild der Situation eines Unternehmens bieten, und zwar sowohl in Bezug auf die vereinnahmte als auch auf die abzugsfähige Umsatzsteuer. Dieses Bild ist nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für den Staat umfassender. 

    Kommen wir kurz auf diese ultimative Waffe gegen Umsatzsteuerbetrug zurück: der Austausch entmaterialisierter Rechnungen. 

    Mit der Verordnung vom 26. Juni 2014 verpflichtete der Staat alle Lieferanten der öffentlichen Wirtschaft, ihre Rechnungen im elektronischen Format über die von der AIFE (Agence pour l’Informatique Financière de l’Etat) betriebene Plattform Chorus Pro zu versenden. Diese Revolution erstreckte sich je nach Größe der Lieferanten von 2017 bis 2020.

    Nachdem die Sache mit B2G geklärt war, ist nun B2B an der Reihe. Dies ist mit dem Finanzgesetz 2020 geschehen. Von nun an müssen alle Rechnungsströme, gemäß einem von der Regierung erstellten Kalender und abhängig von der Größe der Unternehmen, in digitalem Format erstellt werden: Juli 2024 für Großunternehmen, Januar 2025 für mittelgroße Unternehmen und schließlich Januar 2026 für KMU und Kleinstunternehmen. 

    Die elektronische Rechnung allein reicht nicht aus, damit das Finanzamt ein umfassendes Bild der Umsatzsteuer hat. Daher beinhaltet diese neue Regelung drei Pflichten:

    • Versenden und Erhalten der elektronischen Rechnungen: das E-Invoicing 
    • Übermittlung des Bearbeitungsstatus der Rechnung an die Empfänger: der Lebenszyklus. 
    • Alle Informationen über Transaktionen, die vom Anwendungsbereich der elektronischen Rechnungsstellung ausgeschlossen sind, wie beispielsweise B2C-Transaktionen mit nicht umsatzsteuerpflichtigen Personen, zwischen ausländischen steuerpflichtigen Personen und Dienstleistungen: das E-Reporting. 

    Kein Grund zur Sorge: Die wichtigsten ERP-Systeme auf dem Markt erfüllen die wichtigsten Standards für den Datenverkehr bereits. Darüber hinaus empfiehlt die Finanzverwaltung die Einführung des „mexikanischen Modells“ oder auch Y-Modells, das einen großen Handlungsspielraum bei der Umsetzung der Richtlinie bieten dürfte. 

    Dieses Y-Modell lässt viel Raum für private Plattformen, die sowohl am B2B-Handel als auch an der Kommunikation mit den Steuerbehörden beteiligt sein werden. Diese zertifizierten Plattformen, die sogenannten Partnerplattformen, werden eine Alternative zu Chorus Pro darstellen und die Möglichkeit bieten, zwischen drei Optionen für den papierlosen Datenverkehr zu wählen. 

    • Der Lieferant hat die Möglichkeit, seine Datenströme direkt an die nationale Plattform (Chorus Pro oder eine davon abgeleitete Plattform) zu senden. Diese erfasst dann die Meldedaten und senden die Rechnung an den Endkunden.
    • Der Lieferant kann seine Datenströme auch an eine Partnerplattform senden, die dann die Meldedaten an den Staat und die elektronische Rechnung an den Endkunden schickt. 
    • Ferner bietet dieses Y-Modell eine dritte Option, die darin besteht, eine Partnerplattform zu nutzen, die die Rechnungsinformationen an die nationale Plattform weiterleitet, die ihrerseits die Aufgabe hat, die Rechnung an den Endkunden zu übermitteln. 

    Es sollte hinzugefügt werden, dass es sich auch um eine interne Plattform handeln kann, sofern diese gemäß den von der Finanzverwaltung festgelegten Regeln zertifiziert ist. 

    Dieses Modell hat den Vorteil, dass das aktuelle System bestehen bleibt. Ein Unternehmen, das bereits mit einer Plattform arbeitet, kann diese nämlich – sofern sie zertifiziert ist – beibehalten. Somit liegt der Aufwand für die Einhaltung der Vorschriften bei der Plattform, die als Partner zugelassen werden will. 

    Digitalisierungsanbieter, die Partnerplattform werden wollen, müssen sich bei der Verwaltung für einen Zeitraum von drei Jahren, der verlängert werden kann, registrieren lassen. Selbstverständlich werden nur die registrierten Anbieter sowie das öffentliche Rechnungsportal berechtigt sind, die Rechnungen an ihre Empfänger und die Rechnungs- oder Transaktionsdaten an die Steuerverwaltung zu übermitteln. 

    Damit diese Vernetzung funktionieren kann, müssen die Partnerplattformen sowie die staatliche Plattform wissen, wohin sie die elektronische Rechnung senden sollen. Dazu wird allen Plattformen ein gemeinsames Verzeichnis zur Verfügung gestellt. 

    Der Zweck der (privaten oder staatlichen) Plattformen wird sich nicht darauf beschränken, die Melde-Datenströme an die Steuerverwaltung zu konzentrieren und die elektronische Rechnung an den Endkunden zu übermitteln. Sie werden auch eine Reihe von Oberflächenkontrollen durchführen, um die Vollständigkeit der Metadaten zu gewährleisten, sowie Kohärenzkontrollen zwischen den erforderlichen Daten (es ist die Rede von etwa 50 obligatorischen Metadaten). Diese Kontrollen bringen natürlich das Risiko mit sich, dass die auf den Plattformen eingereichten Rechnungen zurückgewiesen werden. Die Unternehmen werden die Möglichkeit haben, ihre Rechnungen über die nationale Plattform zu erfassen. Sie können aber auch den Bearbeitungsstatus der Rechnungen einsehen und sie online archivieren.

    Viele Fragen bleiben noch unbeantwortet: Rechnungsformat (ZUGFeRD, UBL, EDIFACT usw.), obligatorische Rechnungsangaben, Kosten der Plattformen, angebotene Funktionen, Regeln für die Zertifizierung der Plattformen, Prüfungsregeln, Platz für die Archivierung, Verwaltung des Unternehmensverzeichnisses usw. Vielleicht sind all diese Fragen der Grund für die Verschiebung der Fristen. Die wichtigsten Akteure des Sektors, zu denen die verpflichteten Unternehmen, Vereine und Digitalisierungsanbieter gehören, treffen sich weiterhin im Rahmen von Workshops, um diese Fragen zu behandeln und uns hoffentlich noch in diesem Jahr aufzuklären. 

    Lionel Herry

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